Dieses Re-Issue der "Astral Weeks" wurde von Kevin Gray für AcousTech gemastert. Gepresst wurde bei Optimal Media in Deutschland und Rhino hat die von Warner lizensierte LP veröffentlicht. Von allen mir bekannten Pressungen (einschliesslich des Originals WS 1768 auf dem dunkelgrünen Label, welches ich auch besitze) klingt diese LP mit Abstand am Besten. Alles wurde wunderbar ausbalanciert, die einzelnen Instrumente können ohne Anstrengung verortet werden, die schon damals einmalige Stimme des Grantlers Morrison wurde nicht in den Vordergrund gemischt. Das Album klingt im besten Sinne organisch und wenn man sich ganz darauf einlässt, wähnt man sich inmitten eines sanften Tropenregens in einem Wald, wo die Sonnenstrahlen durch die Baumgipfel blitzen und nichts kann diese Idylle stören. So ergeht es mir immer wieder, wenn ich dieses epochale Meisterwerk auflege.
Van Morrison nahm dieses Album im zarten Alter von 23 Jahren binnen 2 Tagen auf. Es ist schier unfassbar, dass ein solch junger Mann einen ganzen auf eine LP komprimierten Kosmos erschaffen konnte. Der von Warner beauftragte Musikproduzent Lewis Merenstein sollte den (wegen diverser äußerst unschöner Geschichten) ziemlich am Boden angekommenen jungen Van davon überzeugen, sich wieder mit der Plattenindustrie zu versöhnen. Er reiste nach Boston, um sich die neuen Songs anzuhören. Van Morrision spielte die ersten Lieder von Astral Weeks und Merenstein erzählt, dass ihm die Tränen über die Wangen liefen und seine Seele anfing zu vibrieren. Ich kann das absolut nachvollziehen! (Merenstein war es, der Van Morrison "rettete", weil er Warner davon überzeugte, den jungen Mann aus seinem Vertrag mit eher zwielichtigen Gestalten herauszukaufen). Diese Melange aus jazzigem Folk und eindringlichem Gesang lässt niemanden mehr los, der sich ernsthaft auf Musik einlässt. "Astral Weeks" wurde nie kopiert, denn alleine der Versuch wäre kläglich gescheitert. Was man auch immer von Van Morrison halten mag: diese LP ist ein mehr als nur würdiger Vertreter des musikalischen Vermächtnisses der Menschheit.
Van Morrison - Astral Weeks
Stamper Matrix: R1-1768A/R1-1768B
Warner Records R1-1768
8122-79907-1/2
RHINO RE-ISSUE
Deutschland 2020
Aaron Neville war schon in den Sechzigern eine bekannte Größe wegen seines außergewöhnlichen Falsetts. Nach einigen Flops und den damit einhergehenden Auflösungen diverser Plattenverträge, landeten die Brüder 1989 wieder bei A+M. Die wirklich umtriebigen Neville Brothers waren immer dann "auf dem Punkt", wenn sie zusammen musizierten und dies insbesondere im Cajun-/Creole-/New Orleans Funk-Stil. Sie hatten Glück, dass ein gewisser Daniel Lanois sich ihrer als Produzent annahm, als die Aufnahme-Sessions zu "Yellow Moon" anstanden. Lanois hat einen fast unverwechselbaren "Signature"-Sound, der immer auf der saftigen und etwa dunkler timbrierten Seite wandelt. Das hört man z.B. auf seinen Solo-Alben oder auch bei etlichen Scheiben von T-Bone Burnett. Nichts ist über Gebühr betont, aber trotzdem messerscharf konturiert. Es puckert und blubbert und groovt auf den meisten Tracks unwiderstehlich mit akzentuiertem Schlagwerk, Druck in den unteren Lagen und sehr schön konservierten Stimmen. Bluesig-balladeske Auflockerung gibt es mit "A change is gonna come" und "With god on our side", sowie etwas Gospel-Feeling auf "Will the circle be unbroken". "Yellow Moon" ist ein Klasse-Album in nahezu perfektem Soundgewand und die sehr gute holländische Pressung ist recht günstig zu erstehen.
The Neville Brothers - Yellow Moon
Stamper Matrix: 1 S 1 320 A, 1 S 1 320 B
A + M 395240-1
Holland 1989
Wie an anderer Stelle bereits berichtet, hatte ich einst das Vergnügen, Sting als "Meckie Messer" in der Dreigroschenoper off Broadway in Manhattan zu genießen. Schon 1985 lud ihn Mark Knopfler ein, auf dem Titel "Money for nothing" vom Album "Brothers in Arms" die Background-Vocals zu bestreiten. Diese hohe, fast Falsett-artige Stimme kannte man schon von the "Police". Wer aber Gassenhauer wie "Roxanne" oder "Message in a Bottle" u.v.a. noch im Ohr hat, muss sich hier radikal umgewöhnen. Das deutete sich schon auf Stings erstem Solo-Album "The dream of the blue turtles" (mit Omar Hakim und Branford Marsalis) an und fand in "Nothing like the sun" quasi Vollendung. Der Meister bewegt sich hier als musikalisches Chamäleon am Rand geschmackvollen Poprocks mit Jazzeinflüssen und herzerwärmenden Balladen. Als Mitstreiter konnte er Andy Newmark und Manu Katchè an den Drums und auf "They dance alone" gar Eric Clapton und Mark Knopfler an den Gitarren gewinnen. Insgesamt ist dieses Doppelalbum sehr kurzweilig. Was heraussticht, ist die fulminante Klanggüte. Gemastert wurde bei Masterdisk vom begnadeten Bob Ludwig, wobei mich ein wenig wundert, dass er sich nicht in den Auslaufrillen verewigt hat, wie dies sonst der Fall ist. Die US-Version des Albums trägt den Hinweis MASTERDISK in den Auslaufrillen, klingt aber identisch mit der hier vorliegenden deutschen Pressung. Die LP's wurden im Direct Metal Mastering (DMM) Verfahren hergestellt. Ich kann mich beim Hören auch des Eindrucks nicht erwehren, dass eine gute Portion Digitaltechnik mit im Spiel war, was jedoch angesichts der Klanggüte völlig egal ist.
Als Anspiel-Tipp empfehle ich "History will teach us nothing" - laut gehört, entfaltet dieser Titel eine gnadenlose Wucht.
"Convince an enemy, convince him that he's wrong Is to win a bloodless battle where victory is long. A simple act of faith In reason over might. To blow up his children will only prove him right
History will teach us nothing" ("Einen Feind zu überzeugen, ihn davon zu überzeugen, dass er im Unrecht ist, bedeutet, eine unblutige Schlacht zu gewinnen, in der der Sieg lang ist. Ein einfacher Akt des Glaubens an die Vernunft über die Macht. Seine Kinder in die Luft zu jagen, wird ihm nur Recht geben. Die Geschichte wird uns nichts lehren")......
Der Rhythmus erinnert ein wenig an Reggae auf Speed, der Bass pumpt, die Drums krachen und die Percussion-Instrumente flirren umher. Ich hatte früher einmal eine Audio-DVD dieser Doppel-LP mit DSD 5.1 Surround-Spur und auch eine entsprechende Abspielanlage von Mark Levinson in einem Auto. Wenn "History..." kam musste ich immer laut aufdrehen und jedes Mal stockte mir regelrecht der Atem. Das klang wirklich phänomenal - auf Vinyl (ebenfalls laut gehört) kommt noch eine Portion Wärme hinzu. "Fragile" ist eine Ballade von überwältigender Schönheit. "If blood will flow when flesh and steel are one drying in the color of the evening sun. Tomorrow's rain will wash the stains away but something in our minds will always stay. That nothing comes from violence and nothing ever could - For all those born beneath an angry star Lest we forget how fragile we are" ("Wenn Blut fließt, wenn Fleisch und Stahl eins sind und in der Farbe der Abendsonne trocknen wird der morgige Regen die Flecken wegwaschen. Aber etwas in unseren Köpfen wird immer bleiben.Dass nichts von Gewalt kommt und nichts jemals könnte - Für alle, die unter einem zornigen Stern geboren wurden - Damit wir nicht vergessen, wie zerbrechlich wir sind")..
"An Englishman in New York" kommt mit Humor ("I don't drink coffee I drink tea my dear...I want my toast brown on one side") und bietet etwa 1 Minute vor dem Ende ein Break - ja, das ist ein bisschen Show Gazing an den Drums, aber es macht einen Höllenspaß - oder trommeln Sie etwa nicht mit den Fingern oder Händen in der Luft mit, wenn auf Phil Collins' "In the air tonight" die Drums einsetzen? Hand aufs Herz! "Nothing like the sun" ist noch günstig zu haben. Falls Sie die Scheiben nicht besitzen, sollten Sie jetzt zugreifen.
Sting - Nothing like the sun
Stamper Matrix: 833816 - 1 S 1,
833 816 - 1 S 2, 833817 - 1 S 1,
833817 - 1 S 2
A + M 393912-1
Deutschland 1987
Rumours war bereits das 11.Studioalbum von Fleetwood Mac. Die Band selbst verortete sich anfangs im Blues und trotz eines Peter Green rümpften die hartgesottenen Blues-Fans die Nase, sagte man den Mannen um Mick Fleetwood doch nach, nicht authentisch genug zu sein. Die frühen Veröffentlichungen (auch die Mono's) boten teils wirklich guten, weil dynamisch ausgereizten Klang. Es gibt sicher noch heute Musikliebhaber, die "Black Magic Woman" Carlos Santana zuschreiben, der dieses Stück weltweit bekannt machte. Es stammt aber aus der Feder von Peter Green und gefällt mir von Fleetwood Mac besser, weil es ungeschliffener und irgendwie ursprünglicher tönt. Anfang der Siebziger Jahre änderten Fleetwood Mac ihren Stil weg vom British Blues hin zu Rock und Pop. Peter Green verliess schon früher die Band und 1975 stießen Lindsay Buckigham und Stevie Nicks hinzu. Das erste Album der neuen Besetzung mit dem Titel "Fleetwood Mac" gab schon die Richtung vor und war einigermaßen erfolgreich. Den Vogel schoss die Band aber mit "Rumours" ab - sagenhafte 40 Millionen verkaufte Tonträger bestätigten die Musiker, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Das Material besteht weitestgehend aus Rock-Pop Stücken ("Go your own way", "You make loving fun", "Second hand news", "Don't stop"), und auch sanfteren Ohrschmeichlern ("Dreams", "Oh daddy", "Gold dust woman"). Die charakteristische Stimme von Stevie Nicks war ein Aushängeschild, die Kompositionen von Buckingham, Christine McVie und Stevie Nicks die Basis zum Erfolg. "Rumours" klingt in der US-Pressung (und auch der englischen Pressung) hervorragend. Als Anspieltipps empfehle ich "Oh Daddy" und "The Chain". Ja, man könnte meinen, die Musik hat wenig Tiefgang, aber solche Ohrwürmer muss man erst einmal hinkriegen. Trotz der ganzen Klassik- oder Jazz-LP's, dem Rock und Hardrock, Folk und Blues in meinem Hörerleben habe ich "Rumours" immer wieder gerne aufgelegt. Hörspass auf klanglich sehr hohem Niveau ist hier garantiert!
Fleetwood Mac - Rumours
Stamper Matrix: BSK-1-3010,
BSK-2-3010
Warner BSK 3010
USA 1977
Ich habe diese Scheibe lange Zeit in meinem Kopf als Anti-Musik abgelegt. In der Tat ist der kompositorische Wert der Stücke - sagen wir es einmal nett - sehr überschaubar. Es wird auf allerlei Gerätschaften und Gegenständen herumgeklöppelt, als gäbe es kein Morgen. Gemastert hat das Ganze Doug Sax. Die Scheibe läuft mit 45 RPM und klingt schlicht und einfach phänomenal. Hätte sie vielleicht auch ohne Doug, denn ich kenne keine Reference Recordings Einspielung die schlecht klingen würde. Aber sei es drum. Wer denkt, die Grenzen seiner Anlage seien mit Charlie Antolini's "Knock Out" endgültig gesteckt, muss hier Abbitte leisten. Seien Sie auf der Hut! "The Gates of Däfos" treibt ihren Tonabnehmer zum Gipfel und darüber hinaus. Die LP hat (leider) ein paar Vorechos, also weiss man ungefähr wann Thors Hammer auf die Schädeldecke fällt. Diese Trommelschläge mitten im Stück grenzen an Wahnsinn. Meine Lautsprecher haben vorne runde Bassreflex-Öffnungen und wenn ich diesen Titel spiele, fliegen etliche Fasern der Dämmwolle heraus. Das ist gewaltig, fast gewalttätig, das ist erbarmungslos. Wie bereits erwähnt, dürfen sie musikalisch so gut wie nichts erwarten, akustisch jedoch raubt Ihnen diese Scheibe die Sinne.
Hart, Airto, Purim - Däfos
Stamper Matrix: RR12A-5, RR12B-6
Reference Recordings RR-12
USA 1983
Als schüchterner Klassenjüngster spricht man die älteren Mitschüler selten an, da diese sich einer höheren Kaste zugehörig wähnen und in den Augen Gleichaltriger ihren Nimbus als "Jongleur" der Weltgeschehnisse aufs Spiel setzen würden, wenn sie sich mit Jüngeren abgeben. Ich will nicht überdramatisch wirken, jedoch sehe ich in der Retrospektive betrachtet durchaus Parallelen zur Rudel-Hierarchie in der Tierwelt: der Apfel fällt eben nicht weit vom Pferd. Einmal jedoch habe ich sie in der Abschlussklasse auf dem linken Fuss erwischt. Ein älterer Mitschüler, der sich immer sehr intellektuell gab, obwohl seine Noten gerade noch Durchschnitt waren, schleppte eines Tages die "Anyway" von Family mit in die Schule. Er rechnete sicher nicht damit, dass irgend jemand auch nur ansatzweise wusste, um was es sich handelte. Er begann wie üblich, sich in seiner eingebildeten Sonderstellung zu suhlen, als ich unvermittelt von mir gab, dass die Musik auf der "Anyway" schon speziell sei, bei der Produktion jedoch geschlampt wurde und dies insbesondere auf der Live-Seite mit "Good news, bad news". Durch die nachlässige Mikrofonierung ist auch eine eklatante Rechtslastigkeit zu bemängeln. Ich sagte noch, dass Family es sicher verdient hätten, der Band zumindest einen ansprechenderen Sound zu verpassen, so in etwa wie auf dem Vorgänger "Family Entertainment". Bis zu unserem Abschluss brachte er nie wieder eine LP mit zur Schule.
Aus meiner Sammlung an LP's der Band Family gefallen mir "Fearless" und "Bandstand" am Besten, auch klanglich. Ich würde aber nicht sagen, dass sie überdurchschnittlich toll klingen. Nach "It's only a movie" war dann erst einmal Schluss mit Family.
Nach einem Intermezzo von 2 Family-Bandmitgliedern als "Chapman Whitney Streetwalkers" trat man ab 1975 mit 3 neuen Mitgliedern als "Streetwalkers" auf. Das erste Album unter diesem Namen war "Downtown Flyers". Der Band waren insgesamt nur 3 Alben und ein grausam klingendes LIve-Album vergönnt. Danach ging jeder seiner Wege.
"Downtown Flyers" wurde vom genialen George Peckham (Porky, Pecko) gemastert und das war ein Glücksfall. Der Sound ist satt und energetisch und die Stücke rocken superb. Und es befindet sich ein Titel auf dem Album, der in meinem persönlichen Musik-Olymp seit Jahrzehnten einen Platz inne hat: "Burn it down" heisst das Stück und es ist nicht nur eine mitreißende und abwechslungsreiche Komposition, es ist die Essenz dessen, was gute Rockmusik ausmacht. Mir kommt spontan ein Titel in den Sinn, der mich genauso packte, als ich ihn das erste mal hörte: "I wonder" von der Band Humble Pie auf dem Album Smokin' - mit einem bestens aufgelegten Clem Clempson an der Gitarre (Ex-Colloseum), der Peter Frampton ersetzte. Alleine schon das Intro beschert jede Menge Gänsehaut.
Zurück zu den Streetwalkers: wer handgemachte Rockmusik in sehr gutem Klanggewand etwas abgewinnen kann, sollte "Downtown Flyers" als englische Pressung auf dem Vertigo "Spaceship"-Label eine Chance geben.
Streetwalkers - Downtown Flyers
Stamper Matrix: 6360123 1 Y //3M,
6360123 2 Y //3M - Porky/Pecko
Vertigo
England 1975
Und noch ein Fundstück aus dem guten alten Dublin. Ich weiß nicht mehr aus welcher Grabbelkiste ich die LP in einem dieser recht angestaubten Läden zog, war im Nachhinein aber froh, das gute Stück überhaupt erworben zu haben. Clannad ist Allen ein Begriff, die es mit irischer Folk-Musik halten, allerdings ist das vorliegende Werk sehr weit entfernt von den teils nervtötenden Flöten- und Fiedel-Exzessen irischer Traditionals, mit denen Clannad einst erste Gehversuche unternahmen. Ja, das Keltische lugt überall hervor und die meisten Stücke werden in gälischer Sprache gesungen, ich würde das Album aber glatt dem Folkrock zuordnen. "Fuaim" heisst übersetzt "Klang". Und das trifft den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf. Die Aufnahmegüte dieser LP auf dem irischen Tara-Label ist exzellent. Die Akustikgitarren sind perfekt konserviert, das Schlagzeug hat Punch und der Bass - wenn auch hier und da etwas schüchtern - bildet eine satte Basis. Stimmlich ist sicher noch Luft nach oben, aber immerhin singt eine gewisse Enya auf "An tÚll" und "Buaireadh an Phósta" die Lead-Vocals, verliess aber nach Fuaim sehr rasch die Band um auf Solopfaden zu wandeln. Berühmtheit erlangte sie anlässlich des nachhaltig traurigen 9/11 mit dem Song "Only Time". Die Kreuzfahrer/-innen unter Ihnen kennen sicherlich auch ihr "Orinoco Flow" (sail away, sail away...) welches unvermeidlich beim Ablegen des Schiffes über die Bordlautsprecher plärrt und die "Seefahrer/-innen" dazu gefühlsduselig das Sektglas erheben, weil sie ein Gefühl der Schwermut überkommt, gerade so als läge eine jahrelange Reise vor Ihnen, die eine baldige Rückkehr unwiderruflich ausschliesst. Zumindest bis zum nächsten Tag, wo sich die Prozedur in einem anderen x-beliebigen Hafen wiederholt, wenn nicht gerade ein paar Seetage dazwischen liegen.
Wie dem auch sei: Fuaim ist ein tolles Album geworden und im Vergleich zu vielen anderen Produktionen aus den Achtzigern ein leuchtendes Beispiel für eine sorgfältige Produktion. Perfekt gemastert hat das Ganze Tim Young (der sich auch in den Auslaufrillen mit "timtom" und "ty" verewigt hat).
Clannad - Fuaim
Stamper Matrix: TARA 3008 A1 timtom - cbs, TARA 3008 B1 ty - cbs 11A
TARA 3008
Irland 1982
Wenn ich diese LP aus meinem Fundus hervor zücke habe ich immer einen Flashback. Ich habe Sie in irgendeinem Second Hand Laden in Tampa/Florida gekauft, ohne zu wissen was mich da erwartet - ich fand einfach das Cover schön.
Zuvor fuhr ich von unserem Büro in Buckhead/Atlanta mit dem Auto entspannt die Interstate 75 über Macon, Lake City und Gainesville zunächst nach Clearwater und St. Petersburg, bevor ich 2 Tage später im Eishockeystadion vor knapp 6000 Besuchern (es waren Amway-Distributoren) ein neues Produkt auf dem überdimensionalen Videowürfel vorstellte und in einem der oberen Flure dann auf die Stampede der Verkaufshyänen wartete, um alle noch aufkommenden Fragen zu beantworten. Es ging um eine Maschine, die mittels Ultraschall Golfschläger sanft und schonend reinigt und mit einer Chipkarte gestartet wird. Diese Chipkarte war das eigentliche Verkaufsprodukt (programmiert für 5, 10 oder 20 Reinigungen oder auch für 1 Jahr ab Erstaktivierung). Auf die Maschine selbst hatte ich ein US-Patent und der Plan war, diese sukzessive und über die Jahre auf nahezu jedem Golfplatz zu platzieren. Die Amway-Distributoren waren mehr als begeistert, bot doch die kleine Chipkarte ein Profitpotential welches weit über den bei Amway üblichen Sätzen lag. Ich denke wir hatten bereits knapp 50 Maschinen in Georgia, Alabama, Florida und South Carolina stehen, als sich technische Probleme auftaten. Der Schweizer Produzent ließ uns mehr oder weniger im Stich und das Projekt war erst einmal zum Scheitern verurteilt. Die Perspektive war anfangs unglaublich. In einem Privatanwesen einer der Direktoren der Amway Organisation fand ein Treffen statt. Anwesend war die komplette Führungsspitze und nach meinem Pitch (ich hatte eigens dafür einen professionellen Film produzieren lassen), gab man mir zu verstehen, dass Amway beabsichtigt, alle Distributoren (bis runter zum Postboten der sich etwas nebenher verdient) zum Initialkauf im Wert von 50 US Dollar pro Kopf zu verdonnern (Einkaufspreis), so wie es üblicherweise auch mit anderen Produkten gemacht wird (siehe Tupperware), wenn der- oder diejenige an der "Rallye zum Reichtum" teilnehmen will. Im Intranet von Amway gab es nach meiner Präsentation in Tampa knapp 1 Million Voranmeldungen.....die auf diese Weise generierten 50 Millionen US Dollar wollten die Herren von Amway gerne so aufgeteilt wissen, dass für mich 10% und für die Organisation 90% verbleiben. Und das wäre erst der Anfang gewesen.....Da ich die kompletten Produktions- und Wartungskosten, sowie die Logistik und Programmierung der Chipkarten "an den Hacken" hatte, musste ich dankend ablehnen. Nach kurzer telefonischer Rücksprache mit meinem (sehr gut betuchten) Partner, der alle Finanzierungen übernahm, setzte ich zunächst ein Limit von 500 Maschinen (welches je nach Anzahl der Nachkäufe an Chipkarten sukzessive erhöht werden sollte) und verlangte 50% des Chipkartenumsatzes mit den Distributoren. In Anbetracht der realistischen möglichen Umsatzzahlen waren die Herrschaften recht schnell bereit einzuschlagen. Der amerikanische Traum war zum Greifen nahe, zerplatzte aber wie eine Seifenblase am Unvermögen des Produzenten, der sich sicher auch schon astronomische Gewinne ausrechnete und dabei vergaß, seine Hausaufgaben zu machen. C'est la vie.
Die Musik auf "Little Band Big Jazz" läuft unter der Rubrik "Post Bob und Cool Jazz" wenn man unbedingt eine Schublade dafür finden will. Für Menschen, die eher einen Bogen um Jazz-Musik machen, kann ich Entwarnung geben. Die Platte nervt nicht und kann gut durchgehört werden. Conte Candoli hat die sechs Stücke zusammen mit dem Pianisten Vince Guaraldi komponiert. Der Klang der LP ist fantastisch, die Soloinstrumente stehen wie angenagelt im Raum und der Standbass knarzt und schnurrt zum Niederknien. Ich höre die LP gelegentlich ohne Wehmut wegen der verpassten Chance an, sozusagen ein zweiter Jeff Bezos zu werden. Wenn man nur Träumen nachhängt, wehen andere Chancen wie Staubwolken vorüber. Man kann auch erwachsen sein, ohne seine Unbekümmertheit vollends zu opfern. Wer weiß für was es gut war? Hätte es geklappt, würde ich vielleicht jetzt mit dem Privatjet von US-Staat zu US-Staat düsen, mich auf wichtigen Meetings langweilen und versuchen, das Gespenst vom Murmeltiertag zu vertreiben.
Conte Candoli All Stars - Little Band Big Jazz
Stamper Matrix: TCST-190-1, CST-190-2
Crown 190
USA 1960
Wären doch bloss mehr Schallplatten so wie viele der Island-Veröffentlichungen aus den Siebzigern. Dieser volle, warme und authentische Klang ist einfach zum Anbeten. John Martyn's "Bless the Weather" wurde - wie einige andere Martyn-Alben und auch LP's von Fairport Convention und der Incredible String Band - von John Wood produziert und gemastert. Nick Drake's "Five leaves left" gehört auch in den Reigen und klingt klasse.
Die LP ist ein weiteres Beutestück aus einem der damals recht schäbigen Plattenläden rund um Camden Market in London. Immer wenn ich mit meinem Pilotenköfferchen aus England zurückreiste, in dem gut 2 Dutzend LP's steckten, war die Vorfreude kaum auszuhalten und meistens hatte ich das Glück, dass sich die Pretiosen nach einer gründlichen Plattenwäsche als Rohdiamanten entpuppten. Zerkratzte Exemplare einmal ausgenommen, ist es bei etlichen LP's eine Art Metamorphose, wenn diese den Reinigungsgang durchlaufen haben. Allen High-Endern sei hier nochmals dringend empfohlen alle LP's - auch neue - professionell zu waschen. Man glaubt kaum was einem sonst entgeht.
Auf ILPS-9167 kommt man wieder in den Genuss der wohligen und leicht angerauten Stimme Martyn's und seinem fingerfertigen Spiel auf der Akustikgitarre, Auch alle anderen Instrumente fügen sich organisch ein, wobei es auf "Glistening Glyndebourne" elektrisch und fast jazzrockig wird - mit diesem Stück assoziiere ich ein bisschen Pentangle auf Speed, auch wenn das ein wenig weit hergeholt erscheint. Einige weitere Martyn-LP's gehören eigentlich auch in jede ernsthafte Sammlung guter Musik und exzellentem Klang wie bereits bei Martyn's "Solid Air" geschrieben. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: in der Sparte Folk/Folkrock gehört(e) Martyn zur creme de la creme - klanglich und musikalisch.
John Martyn - Bless the Weather
Stamper Matrix: A-1U, B-1U
Island ILPS-9167
England
1971
Meine Eltern waren nicht gut betucht und wir lebten zu Viert in einer Sozialwohnung mit knapp 60 qm Wohnfläche. Ich teilte mir ein Zimmer mit meinem Bruder und diese 9 qm mussten wir geschickt nutzen, was dazu führte, dass wir zweistöckig schliefen und auf einer Kommode unseren ganzen Stolz stehen hatten; einen kleinen Dual Plattenspieler mit eingebautem Lautsprecher. Da rotierten ein paar wenige Singles (LP’s waren viel zu teuer für uns), aber nur leise, weil wir sonst einen Riesenrüffel von unserem Vater bekamen, der die „Affenmusik“ nicht ertragen konnte. Wenn wir konterten, dass es uns genauso ergeht, wenn er im Wohnzimmer seine James Last Platten auflegt, war relativ schnell ein hölzerner Kochlöffel auf unserem Allerwertesten zu spüren. Den hatte er sogar einmal zerbrochen, als er mich malträtierte, nachdem ich zu „Hey Tonight“ von CCR mit dem Teppichklopfer als Luftgitarre die Wohnzimmerlampe himmelte. Aber wir durften einmal pro Woche vor dem Grundig-Mono-Röhrenradio mit Koax-Lautsprecher im Wohnzimmer kauern und ganz leise die LP-Hitparade anhören. Es liefen gute Sachen, wie „Dark Side of the Moon“ von Pink Floyd und eben auch „Larks’ Tongues….“. Natürlich aus dem lokalen Radiosender herüber wehend; auf einem EMT-Plattenspieler im Rundfunkstudio abgespielt. Das war unfassbar aufregend und inspirierend. Wir waren zwar recht arm, aber meine Kindheit bis hin zur Adoleszenz war keinesfalls trübe. Das habe ich der Kochkunst meiner Großmutter und auch der Musik zu verdanken.
"Larks' Tongues in Aspic" gehört zu meinen persönlichen Favoriten - vor allen anderen King Crimson-LP's. "Red" ist auch klasse, "Starless and bilble black" ebenso, danach folgt das Debut-Album und die beiden subsequenten Veröffentlichungen "In the wake of Poseidon" und "Lizard". Ich will nicht vergessen "Islands" zu erwähnen. Die ist etwas speziell und kommt mir in vielen Teilen so vor, als wären die Protagonisten wirklich auf einer Urlaubsinsel und ließen sich nur widerwillig überreden, ihre Instrumente zur Hand zu nehmen. Oder in anderen Worten: für mich klingt Islands etwas uninspirierter als andere Werke der Band. Es gibt aber ein paar interessante Texte zu entdecken wie z.B. auf "The Letters": With quill and silver knife she carved a poison pen. Wrote to her lover's wife: "Your husband's seed has fed my flesh" (Mit Federkiel und Silbermesser schnitzte sie eine giftige Feder. Schrieb an die Frau ihres Liebhabers "Der Samen deines Mannes hat mein Fleisch genährt"). Die gute Frau schied dann auch noch aus dem Leben. Es ist irgendwie wohl der deprimierendste Song der Band, passt aber im Gesamtkontext zu "Islands".
Das Titelstück "Larks' Tongues in Aspic Part 1" hat anarchische Züge. Das am Anfang sanfte Geklöppel auf dem Xylophon verdichtet sich mit allerlei Percussion bis es zur Eruption kommt. Die ganze Wucht der Band übermannt die Zuhörer/-innen mit einer Intensität die sprachlos macht. War "21st Century Schizoid Man" 1969 schon ein Schocker, setzen King Crimson hier noch einen obendrauf. Fripps ausgeflipptes Gitarrenspiel und Brufords Drums massieren zusammen mit Wettons Bass die Trommelfelle. Der im besten Sinne an einen Derwisch erinnernde Jamie Muir steuert unkonventionelle Percussionparts bei und David Cross vergeht sich förmlich an der elektrischen Geige - aber alles ist im Fluss, rockig, rotzig und unwiderstehlich. Der ruhigere Teil gegen Ende des Stückes featured David Cross an der Violine. Es folgen das ebenfalls ruhige "Book of Saturday" und "Exiles" mit einer wunderschönen Melodielinie, begleitet von der genialen Arbeit Brufords an den Drums und ungewohnt sanften, fast schon betörend schönen E-Gitarrenparts von Robert Fripp. Die 2.Seite beginnt mit "Easy Money" - anfangs mit einem "Heavy Riff" der E-Gitarre und krachenden Drums kommt ein kurzer ruhigerer Teil, bevor Bruford das Tempo vorgibt und den Song trägt, in dessen Verlauf das Schlagzeugspiel immer vertrackter wird und Fripp seine Kapriolen ausgiebig zelebriert - es nervt aber nicht eine Sekunde. Das ist eines der allerbesten Stücke der Band und wenn ich überhaupt etwas zu monieren hätte, wäre es der Wunsch, dass Greg Lake den Vocal-Part hätte übernehmen sollen - der war aber schon 1970 zu Emerson, Lake und Palmer abgewandert. Dann kommt "The talking Drum", ein weitestgehend ruhigeres Stück auf welchem David Cross wieder viel Raum eingeräumt wird. Er und Fripp ergänzen sich wunderbar und Bruford legt erneut das Tempo vor und gibt dem Ganzen eine saftige Substanz. Dann der krönende Abschluss mit "Larks' Tongues in Aspic Part.2" mit schönen Riffs von Robert Fripp und wieder diesen überirdischen Drums, einem John Wetton am Bass in Hochform und eingestreuten Sprengseln von Cross und Muir. Das hat in manchen Momenten etwas Dystopisches. Ohne den Beitrag der anderen Musiker zu sehr schmälern zu wollen, sind es Fripp und Bruford die "Larks' Tongues..." zu einem Meisterwerk machen. Oder wie ein Bekannter mal sagte: "dieser Bruford knallt in mein Hirn, massiert es wie ein Sumo-Ringer und lässt mich zurück wie in einem Drogenrausch".......Na ja, was will man(n) mehr?
King Crimson - Larks' Tongues in Aspic
Stamper Matrix: A-2U, B-2U
Island ILPS-9230
England
1973
Das ist das zweite Album von Ten Years After als frühe Pressung auf dem großen DERAM-Label (Sublabel von Decca). Auf der Labelseite 1 befindet sich das Wort "GEMA" , was den Schluss zulässt, dass die LP zunächst in Deutschland veröffentlicht wurde. Am oberen Labelrand steht jedoch "Made in England" .
Die Matritzen sind die Original-UK-Stamper. Soviel zur Theorie, aber die ist völlig egal, wenn man die Scheibe auflegt. Der Klang ist exzellent. Aufgenommen wurde das Ganze in einem kleinen Club namens Klooks Kleek, der sich in West Hampstead, London befand. Die Atmosphäre ist sehr intim und Instrumente, als auch Alvin Lee's Stimme wurden ungeschminkt eingefangen. Die Gitarre klingt kräftig und auf "Spider in my web" wohlig warm, was komplett untypisch für den späteren Alvin Lee war. "Summertime" weist den versierten Drummer Rick Lee als sehr facettenreich aus, die schnelleren Nummern nerven nicht wie so manch anderer Titel - als Beispiel sei das zehnminütige Solo Lee's auf "I'm going home" in Woodstock genannt. Neben "A space in time" war auch "Watt" sehr erträglich, "Cricklewood Green" kann man ebenfalls sehr gut durchhören, "Stonehenge" war schon etwas anstrengender und die späteren Live-Alben sind auch nicht das Gelbe vom Ei. "Undead" klingt durchgängig audiophil und macht richtig Spaß. Ich hatte auch einmal die zweite Pressung (kleines Deram-Label) Zuhause. Die war der Erstpressung oder den früheren Pressungen absolut ebenbürtig.
Ten Years After - Undead
Stamper Matrix: ZAL-8390-1W, ZAL-8391-1W
DERAM SML 1023
Deutschland/England
1969
Traffic liefen mir das erste Mal auf einem Sampler über den Weg. Der hieß "London Pop News" und beinhaltete neben "Medicated Goo" von Traffic einige nette Stücke von Free, Jethro Tull, Spooky Tooth aber auch andere Tracks, die nicht so mein Fall waren - zumindest damals. Es war eine deutsche Pink Island "Eye" mit eher mittelmäßigem Klang. Steve Winwood kannte ich schon von "Voodoo Child" auf der Electric Ladyland (und etwas später von Blind Faith), die anderen Protagonisten schlichen sich bis dahin an mir vorrüber. Die ersten Traffic-Alben (allesamt auf dem Pink Island Label) klangen nicht schlecht, aber auch nicht durchgängig gut. Die Auswahl der Stücke war ebenfalls etwas gewöhnungsbedürftig. Mit "Shoot out at the fantasy factory" und "Low spark of High-Heeled Boys" wuchs bei mir das Interesse an der Band aber sehr schnell. Der soulige Gesang Winwoods ist eine Marke für sich, was auch noch heute gilt. Das Live-Album "On the road" wurde in Deutschland anlässlich diverser Konzerte aufgenommen und klingt extrem gut. Alle Instrumente sind schön voneinander separiert, der Bass tönt voll, aber nicht nach "One Note Bass" (wie auf vielen anderen Scheiben anderer Bands). Winwoods Stimme wurde etwas nach vorne gemischt, was im Kontext absolut passt, Capaldi's Schlagzeug ist sehr gut eingefangen, Bongos und Saxofon klingen sehr realistisch und dynamisch. 1973 waren Traffic nach etlichem Hickhack um Trennungen und Reunions auf dem Zenit und das Doppelalbum macht pure Freude auf einer guten Anlage. Starten Sie mit "Low spark of High-Heeled Boys" und sie wissen sofort wo es langgeht. Das Stück ist über 17 Minuten lang; diese vergehen aber wie im Flug, Langeweile kommt nie auf. Wären es keine "Custom Labels" hätten wir es hier mit einer weiteren "Pink Rimmed Palm Tree"-Island Ausgabe zu tun (das komplett rosafarbene Label wurde bis 1970 - genauer gesagt bis zur ILPS-9135 "Tea for the Tillerman" aufgelegt). Das Album ist noch günstig zu erstehen und die Anschaffung lohnt sich sehr. Falls Sie zuschlagen, achten Sie darauf, dass Sie die englische Pressung erwischen, alle anderen flachen klanglich etwas ab.
Traffic - On the road
Stamper Matrix: A-2U , B-1U , A-1U, B-4U
Island ISLD-2
England
1973
Bevor sie mit neuer Besetzung (Stevie Nicks, Christine McVie und Lindsay Buckingham) und nach dem Abgang von Peter Green zu Poprock-Millionären aufstiegen, "knödelten" Fleetwood Mac in Blues-Gefilden umher. Als englische Bluesband nie so richtig ernst genommen, spielten sie durchaus veritable Stücke ein, von welchen wohl "Albatross" und "Black Magic Woman" zu den bekannteren Werken gehören. "Pious..." ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch Compilations/Sampler top klingen können (als weiteres Beispiel fällt mir "Seals and Croft" Greatest Hits ein). Die englische Erstpressung der "Pious...." auf dem Blue Horizon Label klingt urwüchsig und stellenweise roh, was fast für einen "Live im Studio" Charakter sorgt. Mick Fleetwood's krachende Drums, John McVie's bodenständiger Bass und die Gitarren (allen voran Peter Green) klingen satt und meist ultradynamisch. Die zweite Seite gefällt mir persönlich etwas besser, zumal auch viele Eigenkompositionen darauf zu finden sind. Der Recording Engineer war Mike Ross, der neben Eddie Kramer auch am Debutalbum von Jimi Hendrix mitgewerkelt hat (was als UK Erstpressung auf dem Track-Label geradezu grauenhaft klingt und nur als US-Erstpressung auf dem Reprise Tri-Color Label geniessbar ist). Auf "Pious..." hat er einen exzellenten Job gemacht. Die LP macht klanglich (und auch musikalisch) großen Spass, wenn man sie vorurteilsfrei anhört.
Fleetwood Mac - The Pious Bird Of Good Omen
Stamper Matrix: A-1, B-1
Blue Horizon S7-63215
England
1969
Ende der Siebziger trieb der Post-Punk einige bemerkenswert schräge Blüten. Eine der unkonventionellsten Bands waren "The Slits" - eine kleine weibliche Combo ausgewiesener Nicht-Musikerinnen (plus dem recht versierten Drummer Peter Edward Clarke) die den Dilettantismus als Stilmittel einsetzten. Der akzentbehaftete Gesang der deutschen Frontfrau Ariane Forster vervollständigte die teils angewandte Atonalität in der Musik.
Ich hatte von dieser Band schon eine Weile lang gehört, ohne jedoch eine LP zu besitzen. Das habe ich später nachgeholt. Ich kann mich noch ganz gut an das Gesicht des Kassierers in einem dieser verranzten Londoner Plattenläden erinnern, obwohl ich das Album recht gut in einem Stapel anderer LP's "versteckte". Mein Business-Anzug und meine Krawatte waren für ihn nicht mit der erbeuteten Ware in Einklang zu bringen und diese Szene hatte schon ein bisschen was vom Oeuvre der "Cut". Mein Opa hätte gesagt: "Bub, Du kannst nicht immer an der Pelle sehen welche Wurscht drinsteckt".
Dass die Menschheit in puncto Freizügigkeit innerhalb von 10 Jahren einen Riesensprung gemacht hatte, sieht man daran, dass auch die in den USA (auf dem Label Antilles) veröffentlichte LP das gleiche Cover hatte wie die UK-Ausgabe - das war vorher bei der Electric Ladyland von Hendrix noch anders......
Nun ist Punk oder Post-Punk natürlich nicht jedermanns Sache, doch dieses Debut-Album schaffte es tatsächlich bei etlichen renommierten Magazinen (Rolling Stone Magazine, New Musical Express u.a.) unter den Top 500 Schallplatten gelistet zu werden. Ich habe damals eine ganze Weile gebraucht um mich in diesen bizarren Kosmos einzuhören. Man fühlt sich zunächst gerade so als beobachte man einen mehr oder minder schrecklichen Unfall mit einer merkwürdigen Unfähigkeit den Blick abzuwenden. Doch das Werk wächst mit jedem Hören und das liegt auch an der sagenhaften Produktion des Reggae-Cracks Dennis Bovell. Insbesondere das Schlagzeug ist extrem gut eingefangen, der Bass klingt konturiert und treibend. Irgendwann denkt man sich auch, dass dieses Werk sicher weniger einnehmend wäre, wenn der Produzent den Anti-Gesang aufpoliert hätte.
Hat man erst einmal den auralen Phantomschmerz überwunden, setzt sich "Cut" im Gedächtnis fest. Dies ist eine Platte jenseits der Norm, ohne Rücksicht auf irgendwelche bereits reichlich ausgetretenen Pfade anderer Punkbands jener Zeit. Entweder man hasst dieses Werk oder man liebt es. Es gibt nichts dazwischen. Die Ablichtung der halbnackten und schlammverschmierten weiblichen Mitglieder der Band auf dem Cover stammt von Pennie Smith, die bescheidene Berühmtheit mit dem Foto von Paul Simonon erlangte, welches das Cover der Clash-LP "London Calling" ziert.
Ich würde nicht direkt sagen, dass mich Wehmut überkommt, wenn ich an diese Zeiten zurückdenke, aber wild war es damals schon irgendwie. Aufregend sowieso. Nehmen Sie all Ihren Mut zusammen und hören Sie mal in "Cut" rein.......wer weiß wie es Ihnen dann ergeht.
The Slits - Cut
Stamper Matrix A-1U. B-1U
Island ILPS-9573
England
1979
An anderer Stelle hatte ich bereits erwähnt, dass ich - bevor ich alt genug war um den Führerschein für ein Auto zu machen - ständig an meiner 50er-Maico herumbasteln musste und dies zusammen mit meinem Bekannten, der voller Überzeugung Teile auseinander nahm, die er später nicht mehr so ganz korrekt zusammenbauen konnte. Diese Treffen endeten immer gleich und zwar in seinem kleinen Refugium, in welchem wir die "Dark Side of the Moon" von Pink Floyd regelrecht zerfrästen. Ich kann mich nicht genau erinnern, wie viele Exemplare mein Kumpel nachkaufte, jedoch war jeder LP das gleiche Schicksal beschieden; irgendwann prasselte es nur noch wie ein Lagerfeuer. Da er im Gegensatz zu mir über einen schier unendlichen Fundus an finanziellen Mitteln zu verfügen schien, war das kein Problem. Auch der Erwerb der damaligen MM-Systeme für die Dual-Plattenspieler war kein Hindernis, wenn mal wieder eines der Exemplare dem Verschleiß Tribut zollen musste. So nonkonformistisch mein Freund in vielen Lebensbereichen auch war: in Sachen Musik und "Hifi" ging er keine Kompromisse ein.
Zu jener Zeit waren in Frankfurt noch sehr viele Amerikaner stationiert. Die trieben sich in allen möglichen Siebziger-Jahre Hot-Spots herum und man kam zwangsläufig ins Gespräch miteinander, wenn man nicht gerade zu den einsilbigen Dorftrotteln gehörte, die in nicht gerade kleiner Anzahl in unserem Kaff herumschwirrten. Ich erinnere mich noch an eine Hör-Session in der Wohnung dreier US-Soldaten. Ich war unermesslich beeindruckt von deren Stereo-Anlage mit fetten Verstärkern (die Marke ist mir entfallen), großen Lautsprechern (ich glaube es waren welche von JBL) und einem Monstrum von Plattenspieler. Wir hörten "Slade Alive" in unanständiger Lautstärke und grölten seelig mit, nachdem vorher etliche Biervorräte deren Bestimmung zugeführt wurden. Diese Leute konnten einfach so US-Waren einkaufen (im P-EX) und dazu gehörten natürlich auch Schallplatten. Mein Motorrad-Schrauber gab regelmäßig Bestellungen auf und eine davon war die "Over-Night Sensation" von den Mothers. Als sie endlich da war, verkrochen wir uns im "Musikraum" und spielten die LP hoch und runter. Ich denke das war meine erste Begegnung mit dem Chamäleon Zappa und es sollte eine sehr nachhaltige werden. Als junger Bursche kam mir diese Musik vor als käme sie aus einem anderen Universum. Es gab beim Zuhören so viel zu verarbeiten, sodass mir das Werk sehr, sehr lange im Kopf herumspukte.
Neben ein paar anderen Veröffentlichungen des Meisters gehört "Over-Night Sensation" den zugänglicheren Werken Zappa's an - man kann die Platte gut von vorne bis hinten durchhören. Ich habe mir die US-Erstpressung irgendwann während meiner Aufenthalte in den USA zugelegt und sukzessive - mit zunehmender Qualität der Abspielgeräte - entdeckt, was in der MS 2149 steckt. Merkwürdigerweise habe ich nie irgendwo etwas über die Klanggüte dieser Platte gehört oder gelesen. Es mag sein, dass manche Leute den Klang als etwas muffig empfinden, was aber so nicht stimmt - alle Details sind auf der US-Erstpressung vorzüglich zu hören und der Klang hat ein sattes Fundament gepaart mit einer exzellenten Dynamik. Neben der Vibrafonistin Ruth Underwood gebührt dem Drummer Ralph Humphrey die höchste Ehre. Was dieser Mann da abfeuert ist unfassbar. Und zum Glück ist auf der US-Erstpressung die sehr gute Abmischung der Drums hörbar. Als Anspieltipp empfehle ich "Camarillo Brillo" - Humphrey gibt das Tempo vor und trommelt sich dabei förmlich die Seele aus dem Leib. Das ist ganz große Kunst. Und dazu singt Meister Zappa solche Zeilen wie: "She had gray-green skin, A doll with a pin, I told her she was alright, But I couldn't come in (Actually, I was very busy then - Sie hatte eine graugrüne Haut, Eine Puppe mit einer Stecknadel, Ich sagte ihr, dass sie ok ist, Aber ich konnte nicht "reinkommen" (Eigentlich war ich damals sehr beschäftigt).....und das ist noch einer der harmloseren Auszüge aus den Texten. Nun, zumindest wissen wir warum Zappa in den USA auf dem Index stand und wenig Airplay erfuhr. "Over-Night Sensation" ist ein Album für die Ewigkeit.
The Mothers - Over-Night Sensation
Stamper Matrix 31628-1B/31629-1C
Discreet MS 2149
USA
1973
Das ist das dritte Studioalbum von Tori Amos. Es erschien 1995 als Promo Sampler auf Cassette in Kanada und 1996 als Doppel-LP in Europa (und anderen Ländern/Kontinenten). Die hier vorgestellte Pressung ist ein Re-Issue, welches von Rhino im Jahr 2016 veröffentlicht wurde. Das Ganze wurde von Bob Ludwig remastert und das hört man. Deutlich.
Schon mit Erscheinen des Debutalbums "Little Earthquakes" im Jahr 1992 hatte mich Frau Amos gepackt. Ihre Musik ist im besten Sinne des Wortes "besonders". Parallelen zu Kate Bush lassen sich hier und da nicht verhehlen, wobei die Stimme Tori's im Vergleich zu den frühen Alben von Kate Bush wesentlich sonorer klingt. Manche Passagen auf "Boys for Pele" erinnern auch an die leisen Stücke einer Regina Spektor auf deren Album "Soviet Kitsch", welches für mich nach wie vor sensationell ist.
Boys for Pele ist ein Konzeptalbum. Pele ist die hawaiische Vulkan-Göttin, die vielen Männern das Feuer stahl um ihr eigenes zu entfachen - so die Sage. Das passte ins Credo von Tori Amos, die seinerzeit mit einer Aussage großes Aufsehen erregte, als sie zum besten gab, dass die Jungfrau Maria kein Vorbild für Frauen sein kann, weil das Erkennen der eigenen Bedürfnisse unabdingbar ist auf dem Weg dazu eine Frau zu werden. Das ging vielen Leuten zu weit über alle noch so berechtigten Emanzipationsstatements hinaus. Ich nenne es mal künstlerische Freiheit; religiöse Menschen mögen das anders sehen. Angeblich soll es auch eine Klage gegeben haben, weil Frau Amos ein Bild zeigte, auf welchem sie ein Ferkel säugte. In den USA des 20.Jahrhunderts ging das gar nicht. Tori Amos polarisiert, was ihr in nicht unerheblichem Maße auch harsche Kritik einbringt.
Es gibt Rezessionen der "Boys for Pele" im Netz, die weit unter die Gürtellinie gehen, wie z.B. "Mit Abstand das Schlimmste, was die Dame je gemacht hat. Wie kann man sein Talent nur so dermassen verschwenden. Ich werde bei diesem atonalen Lärm aggressiv. Es zieht mir die Socken aus und verknotet sie unlösbar. Ganz schlimm ..." oder: "Oh je! Oh je! Ich gebe den Eltern die Schuld. Sie müssen ihr gesagt haben, dass sie eine gute Stimme hat, schließlich verzeihen die Eltern alles. Sie müssen sie ermutigt haben, "tiefgründige" Lieder zu schreiben. Das Problem ist jedoch, dass ihre Lieder für Frau Amos so tiefgründig sein müssen, dass sie zu glauben scheint, dass sie diese mit einem Grunzen oder Quietschen singt, um ihnen einen zusätzlichen Kick zu geben. Diese Anit-Musik ist großartig, wenn man suizidgefährdet ist, sie wird einen über den Rand schreiten lassen".
Das Rhino-Reissue der "Boys for Pele" bietet eine Klanggüte der Extraklasse, Frau Amos' Piano (Bösendorfer) ist genial eingefangen; auf den Stücken mit "richtigen" Drums hört man den großartigen Manu Katchè trommeln, die Bassläufe klingen satt und dynamisch. Die leiseren Stücke haben eine ergreifende Intimität, welche durch die nahe Mikrofonierung noch intensiver wirkt. Egal welcher Musikgeschmack es Ihnen angetan hat; dieses Doppelalbum gehört in jede Sammlung und dies nicht nur wegen des perfekten Klangs. Die Musik ist im positiven Sinne nicht poptauglich, denn sie geht tiefer. Dennoch gab es damals einen Dancefloor-Remix des Songs "Professional Widow" der nachhaltig einschlug. Einfach mal auf Youtube schauen, eventuell erkennen Sie es wieder....
Tori Amos - Boys for Pele
Stamper Matrix RR1-82862-A CB, RR1-82862-B CB
Atlantic/Rhino 081227947774
Europa 2016
Dieses Album erschien 1980 zusammen mit dem gleichnamigen Film, in welchem auch Paul Simon mitspielt. Die Darbietung der Stücke auf der LP unterscheidet sich jedoch von jenen im Film. Welche Versionen die besseren sind, bleibt dem persönlichen Geschmack überlassen. Simon wechselte 1980 von Columbia zu Warner und One-Trick Pony war seine erstes Album seit 5 Jahren.
Der Vorgänger „Still crazy after all these years“ enthielt den noch heute oft im Radio gespielten Song „50 ways to leave your lover“ auf dem der begnadete Drummer Steve Gadd spielt. Sein weicher Anschlag der Toms und der Snare ist zum Niederkien. Ein guter Vergleich als dramatisches Gegenteil ist das Drumming auf „Don’t get me wrong“ von den Pretenders – auch das ist treibend, aber eher im übertragenen Sinne im Holzhackerstil vorgetragen. Nun denn.
Auch auf One-Trick Pony spielt Steve Gadd die Drums und zusammen mit Tony Levin am Bass legt er die Basis für Simons exzellente Arrangements. Der Rest des Line-Ups besteht aus Studio-Cracks und es gibt 2 Live-Tracks (One-Trick Pony und Ace in the Hole), die anderen Stücke wurden im Studio eingespielt. Produziert hat Paul Simon zusammen mit Phil Ramone und die Klangqualität ist Extraklasse. Die deutsche Pressung ist superb. Der Klang reicht weit über die Boxenränder hinaus, ist saftig und druckvoll und auch Simons Stimme ist sehr gut konserviert. Das Album macht viel Freude und enthält mit „Late in the evening“ auch einen veritablen Hit. Die LP ist relativ günstig zu erstehen und sollte in keiner Sammlung fehlen.
Paul Simon - One-Trick Pony
Stamper Matrix HS-1 3472,
HS-2 3472
Warner WB 56 846
Deutschland 1980
E Pluribus Funk war bereits das 5.Album der US-Rocker. Grand Funk Railroad waren Anfang der Siebziger Superstars in den USA. Es wird kolportiert, dass sie es schafften, das Shea Stadium in Queens schneller auszuverkaufen als die bisherigen Rekordhalter (The Beatles).
Diverse Musikkritiker mäkelten ständig an den Studioaufnahmen herum und schrieben, dass sich Mark Farner, Mel Schacher und Don Brewer lieber auf Live-Auftritte fokussieren sollten. Irgendwann hieß es auch einmal, Grand Funk Railroad sei die lauteste Band der Welt, welchen Wert auch immer ein solches Attribut hat(te). Die Band war weit mehr als nur Lärm, sehr viel mehr. Man muss Mark Farners polarisierenden Gesang gar nicht lieben, damit der Funke überspringt. Schacher und Brewer sorgen für den „Funk“ in den Kompositionen und Farner tobt sich an Gitarre, Orgel, Keyboards und Harmonica aus.
Die Musik auf „E Pluribus Funk“ ist energiegeladen, schweißtreibend und geht nach vorne als gäbe es kein Morgen. „Footstompin‘ Music“ ist der Opener, der die Richtung vorgibt. „People, Let’s Stop the War“ bietet Bassläufe vom Feinsten und Brewer explodiert geradezu an den Drums. „Upsetter“, I come Tumblin‘“, „Save the Land“ und „No Lies“ bieten (Hard-)Rock vom Feinsten, bevor die LP mit „Loneliness“ mit fast orchestralen Passagen ein Werk ausklingen lässt, welches sich in mein Hirn gebrannt hat und nie wieder verschwinden wird. Ich will nicht abstreiten, dass in meinem Enthusiasmus ein gerütteltes Maß an Verklärung mitschwingt, doch diese Platte hat mich schon damals im zarten jugendlichen Alter regelrecht geplättet. Und da kannte ich die Erstpressung noch nicht.
Die Produktion von Terry Knight ist nicht totkomprimiert (wie z.B. viele Werke von Metallica), nichtsdestotrotz jedoch messerscharf geraten. Ich hatte viele Jahre lang nur die deutsche Capitol-Pressung in meiner Sammlung und war nahezu fassungslos als ich das erste Mal die US-Erstpressung auflegen konnte. Nur auf dieser Ausgabe drückt der Bass den/die Hörer-in erbarmungslos in die Polster, hämmern einem die Drums entgegen, entwickelt das Werk einen unwiderstehlichen Sog. Die Unterschiede zwischen der deutschen und der US-Pressung sind eklatant und hieven „E Pluribus Funk“ in mein persönliches Walhalla.
Falls Sie auf die Jagd nach dieser LP gehen, schauen Sie bitte ganz genau hin, da auf dem Label der deutschen Ausgabe das verräterische „GEMA“ (eindeutiger Hinweis auf eine deutsche Pressung) fehlt, was schnell zu Verwechslungen führen kann. Auf der 12-Uhr-Position steht jedoch „STEREO SW 853 1 C 062-81 011“ und von dieser sollten sie die Finger lassen, wenn Sie das Maximum an Klangvolumen möchten.
Grand Funk Railroad -
E Pluribus Funk
Stamper Matrix SW-1-853-F22,
SW-1-853-F23
Capitol SW-853
USA 1971