1978 gewann "Aja" einen Grammy für das am besten abgemischte Album und in der Tat klingt es superb, selbst in der mir zur Verfügung stehenden holländischen Pressung. Wurde "Katy Lied" noch in der Rock/Funk/Pop-Ecke verortet, hat "Aja" sehr viele Jazzeinflüsse, die Phalanx an Musikern rekrutierte sich auch hauptsächlich aus Jazz(rock)größen. Unter anderem auf dem Titelstück liefert Steve Gadd erneut eine Glanzleitung ab - dieser Mann trommelt einfach überirdisch. Es heisst, dass Donald Fagen bei der Rekrutierung der Musiker Dutzenden von Talenten den Tag versaute, weil ihm beim Vorspielen fast ständig alles nicht genug war (siehe auch "Gaucho"). Fagen und Becker galten ohnehin als unnahbar und erwarben sich den Ruf in ihrem Elfenbeinturm zu thronen. Ich finde beileibe nicht alles super was die Beiden jemals ablieferten, aber manche Werke lassen mich einfach nur staunend zurück. Der oft hörbare Ansatz einer gewissen Sterilität nahm stetig zu und die späten Werke sind geradezu antiseptisch aufpoliert, was man besonders am Schlagzeugsound hört, der gut und gerne einem Metronom entsprungen sein könnte (Two against Nature etc.). "Aja" kriegt in diesem Kontext noch elegant die Kurve. Das Werk hat ein paar Widerhaken und muss wiederholt gespielt werden, um zu wachsen. Wenn es dann aber einmal sitzt, bleibt es für immer. Grandios!
Steely Dan - Aja
ABC 25046 XOT - Stamper Matrix: 33377·1-Y, 33378-1-Y - Benelux 1977
Im Zusammenhang mit den Santa Ana Winds in Kalifornien (die im Song "Babylon Sister" besungen werden) habe ich bereits geschrieben, dass "Gaucho" für mich ein Anwärter auf das kühlste und distanzierteste Steely Dan-Album ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass es musikalisch uninteressant wäre. Es liegt einfach an dieser absolut gnadenlosen Perfektion, mit denen sämtliche Titel eingespielt wurden. Donald Fagen sagte man nach, dass er die Musiker regelmäßig in den Wahnsinn trieb, wenn Takes neu aufgenommen werden mussten, weil dem Meister ein winziges Detail missfiel. Das merkt man auch seinen späteren Solo-Alben an (ausser auf "The Nightfly"). Das Line Up auf "Gaucho" besteht hauptsächlich aus Studio-Cracks, die für jedes Steely Dan-Album immer wieder neu (und anders) zusammengerufen werden. Neben Rick Marotta trommelt Steve Gadd auf 3 Titeln, auch Jeff Porcaro (Toto) ist mit von der Partie. Die Brecker-Brothers (Tenor-Saxophon, Trompete und Flügelhorn) runden neben Chuck Rainey (Bass - wenn Walter Becker ein anderes Instrument spielt), Mark Knopfler, Steve Khan und Larry Carlton (der auf dem Song "Kid Charlemagne" vom Steely Dan Album "The Royal Scam" eines der besten, wenn nicht gar das beste Gitarrensolo der Pop-/Rock-Geschichte spielte) runden das Bild ab.
Es gibt noch eine Reihe anderer Cracks die mitmischten. Insgesamt waren es 42 Musiker die geschlagene 2 Jahre (!) in mehreren Studios verbrachten. So ist es kein Wunder, dass insbesondere Musiker einen fast grenzenlosen Respekt vor Steely Dan hatten, gleichzeitig aber von Alpträumen geplagt wurden, wenn Großmeister Fagen sie rekrutieren wollte. Es heisst, dass ein kurzes Gitarrensolo auf dem Titel "Time out of mind" von unzähligen Gitarrencracks eingespielt wurde, Fagen und Becker aber letzten Endes nur mit dem Beitrag von Mark Knopfler zufrieden waren.
Ich höre "Gaucho" gelegentlich an - und zwar etliche Dezibel über Zimmerlautstärke. Es entstand ein Sound wie ein messerscharf geschnitzter Baukasten - man hört dem Album die fast krankhafte Akribie an. Walter Becker gab auch später zu, dass es überhaupt keinen Spass machte "Gaucho" einzuspielen. Der Klang jedoch ist über alle Zweifel erhaben und dem Mastering von Bob Ludwig ist es zu verdanken, dass "Gaucho" trotz des Studio-Overkills wenigstens ein wenig warme Substanz in den unteren Lagen besitzt.
Nach der Gigantomanie der Aufnahmesessions zu "Gaucho" haben Steely Dan 20 Jahre lang kein Album mehr gemacht.
Ich mag am liebsten das Titelstück und "Third World Man" weil es mich an sehr viele Erlebnisse in den Ländern der so genannten Dritten Welt erinnert - Gute und Schlechte. Die Interpretation des Textes spaltet viele Gemüter und vielleicht ist es wirklich ein Song über ein Kind (Kindersoldat), welches ausbricht und durchdreht. "Smoky Sunday, He's been mobilized since dawn, Now he's crouching on the lawn, He's a third world man"......
Steely Dan - Gaucho
MCA-6102 - Stamper Matrix: MCA-2469-MD-1 MASTERDISK RL, MCA-2470-MD-1 MASTERDISK RL - USA 1980
Eine Platte auf der Michael Brecker Saxofon spielt, Buzz Feiten die Gitarren, Willie Weeks den Bass und Andy Newmark die Drums, würde ich vermutlich auch blind kaufen. Wenn das Ganze dann noch von Tommy LiPuma produziert wurde, kann nichts schiefgehen. Neil Larsen ist ein hervorragender Keyboarder und gefragter Session-Musiker; er tourte z.B. mit Leonard Cohen. „Jungle Fever“ ist Latin-Jazzrock wenn man unbedingt eine Schublade dafür finden will. Die LP lässt sich wunderbar unangestrengt durchhören und bietet famosen Klang. Das Titelstück hat quasi alles was diese Platte ausmacht; das geniale Drumming Newmarks, die Keyboardläufe Larsen’s und die sehr schön eingefangenen Bläser lassen die Füße automatisch mitwippen. „Sudden Samba“ steht dem in nichts nach. Falls Sie die Möglichkeit haben in die LP reinzuhören, beginnen sie mit diesen beiden Stücken. Es ist mitreißende Musik im perfekten Klanggewand.
Neil Larsen - Jungle Fever
Horizon AMLJ 733 - Stamper Matrix: AMLJ-733-1A-1, AMLJ-733-1B - Niederlande 1977
Man mag beim Anhören dieses Albums kaum glauben, dass Richman's Debut sogar vom Rolling Stones Magazin als eines der besten Alben aller Zeiten geadelt wurde. Ich finde die LP auch toll, aber nicht zwangsläufig wegweisend. Rock 'n' Roll with the Modern Lovers ist etwas anders. Richman verlegt sich hier wieder auf eine gespielte kindliche Naivität mit ebensolchen Texten: "Well now, ice cream man, upon my street - I heard your truck outside, it′s really neat - Ice cream man, upon my block - Your little chimes, they reel and they rock" - "Nun, Eismann, in meiner Straße - Ich hörte deinen Truck draußen, er ist wirklich klasse - Eismann, in meiner Straße - Deine kleinen Glockenspiele, sie trommeln und sie rocken". Oder auch: "You see I went on the roller coaster last night when I was feeling bad - Down by the sea in Santa Cruz and I was feeling sad" - "Ich bin gestern Abend mit der Achterbahn gefahren, als ich mich schlecht fühlte - Unten am Meer in Santa Cruz und ich war traurig". Solche Zeilen schmettert Jonathan Richman zu good old school Rock and Roll Takten, dargeboten von seiner Band, die sich bewusst dilettantisch gibt, es aber faustdick hinter den Ohren hat. Mit dem Instrumental "Egyptian Reggae" hatte die Truppe sogar einen Hit (Platz 5 in UK). Der Klang dieser Scheibe ist außergewöhnlich im besten Sinne des Wortes. Man hat den Eindruck, alles wurde live in einem kleinen Studio eingespielt, der Sound lebt und atmet förmlich. Nach meiner anfänglichen Skepsis gehört die LP bei mir mittlerweile zum Kreis der Favoriten, wenn es um den Spaßfaktor geht. Ich besitze noch andere Werke des Künstlers, aber keines kommt an die Atmosphäre dieses Albums heran.
Jonathan Richman & The Modern Lovers - Rock 'n' Roll with the modern lovers
Beserkley 6.23313 AO – BZ-0053 - Stamper Matrix: 6.23 313-01-1, 6.23 313-01-2A - Deutschland 1977
Ghost Writer ist für mich Garland Jeffrey’s bestes Album. Es gibt keinen Durchhänger und die Musik changiert zwischen Rock, Soul und Reggae. Den Schlusspunkt setzt das sensationelle „Spanish Town“ mit mexikanischem Touch, eingestreuten Mariachi-Trompeten und schöner Akustikgitarre. Auf diesem Album trommelt der geniale Steve Gadd (außer auf „Wild in the Streets“ – da spielt Rick Marotta die Drums) und man ist erstaunt darüber, dass dieser Mann, einschließlich Reggae, wirklich alle Stile draufhat (siehe „My Spanish Heart“ von Chick Corea). Gemastert hat das Ganze wieder Bernie Grundman, was man unmittelbar hört. Alle Instrumente kommen klar und in der richtigen Proportion, das Schlagzeug klingt knackig, aber nicht überprominent, der Bass voll und warm. Ein Super-Geheimtipp.
Garland Jeffreys - Ghost Writer
A+M SP-4629 - Stamper Matrix: A+M SP4995-M1, A+M SP4996-M1
USA 1977
Der Knödelbarde in Höchstform. Knallharte Fans von Tom Waits werden die Platte weniger mögen, wagt sich der Meister doch tatsächlich an ein Duett mit Bette Midler („I never talk to strangers“) und – Schock - setzt sogar ein Orchester ein („Potters Field“). Natürlich kann man das, was Herr Waits stimmlich von sich gibt, nicht unbedingt als Gesang bezeichnen, dennoch passt seine Reibeisenstimme perfekt zu getragenen Titeln wie „Muriel“ oder „Burma Shave“. Im längsten Stück „Potters Field“ spricht er ohnehin fast nur. Ich finde „Foreign Affairs“ eines der gelungensten Werke von Tom Waits und klanglich ist diese Platte ein richtiges Pfund. Meine US-Erstpressung lässt nichts vermissen, wobei mir allerdings keine UK-Pressung zum Vergleich vorliegt. Erfahrungsgemäß gibt es aber keine großartigen Unterschiede zwischen den US- und den englischen Asylum’s, wenn es sich um frühe Stamper-Matrixes handelt.
Tom Waits - Foreign Affairs
Asylum 7E-1117 - Stamper Matrix: 7E-1117-A SP, 7E-1117-B SP
USA 1977
Als ich das erste Mal die Textzeile: „I know your name is Rita Cause your perfum smelling sweeter“ hörte, dachte ich unweigerlich, wie lange die wohl bei Whiskey und Rauchzeugs zusammensaßen, bis solch literarisch anspruchsvollen Ergüsse fertig geklöppelt waren. Aber das war nach kurzer Zeit egal – „Stay with me“ geht ungestüm nach vorne und rockt.
Man sollte nicht meinen, dass Rod Stewart sich in den Anfängen der Faces bei Konzerten verschämt hinter den PA-Lautsprechern versteckte, weil er dachte seine Reibeisenstimme könnte beim Publikum schlecht ankommen. Aus ihm wurde bekanntlich ein wirklich nicht scheuer Performer. Als es mit den Faces zu Ende ging legte er einige starke Solo-Alben hin und ich höre noch heute gerne „Gasoline Alley“ oder auch „Never a dull moment“, noch öfter jedoch „Every picture tells a story“ mit den grandiosen Songs „Maggie May“ und „I know I’m losing you“ (das Intro mit Bass und Gitarre ist erste Sahne). Es gibt davon eine wirklich anständig klingende Pressung auf dem englischen Mercury-Label (schwarzes Label).
„A nod….“ bietet mit dem schon erwähnten „Stay with me“ auch einen veritablen Kracher, aber das gros der anderen Songs ist nicht minder schlecht, wobei man bei der einen oder anderen falsch gespielten oder gesungenen Note ein Auge zudrücken sollte. Es wird kolportiert, dass die Band etliche Titel der LP mit reichlich Restalkohol im Blut einspielte. Nun ja, wer es glauben möchte. Die englische Warner-Pressung klingt satt und dynamisch. Die Preise dafür sind noch nicht abgehoben. Wer das damals beiliegende Poster nicht unbedingt braucht kann Geld sparen. Wichtig sind der Zustand des Vinyls und die Pressmatritzen A1 und B1.
Faces - A nod's as good as a wink to a blind horse
Warner – Green Label – K 56006, Stamper Matrixes: A1, B1
England 1971
Aufgenommen wurde dieses Werk von Bob Simpson (der auch schon für die „Belafonte at Carnegie Hall“ RCA LSP-6006 zuständig war). Und das bürgt schon einmal für exzellenten Sound. Rudy van Gelder hat gemastert und lässt auf diesem Titel auch das Piano prächtig zur Geltung kommen. Earl Hines scharte eine ganze Horde der seinerzeit populären Jazz-Musiker um sich, wovon alleine schon sieben für die Bläsersektion sorgten. Trompete, Saxophone, Klarinette, Posaune – alles ist vertreten und vorzüglich und in den richtigen Dimensionen aufgenommen.
Das Line Up liest sich wie das Who's Who der damaligen Szene: Johnny Hodges, Aaron Bell, Pee Wee Russell, Jimmy Hamilton, Elvin Jones, Harald Ashby, Buster Cooper und andere mehr.
Manche dieser frühen Impulse-Pressungen klingen unfassbar gut (ich habe noch Etliche davon in meiner Sammlung) und A-9108 gehört dazu). Auch musikalisch ist die Platte top. Selbst für Leute, die mit Jazz wenig anfangen können, ist das ein Leckerbissen.
Earl Hines - Once upon a time
Impulse! A-9108 STEREO, Stamper Matrixes:AS-9108 A VAN GELDER LW, AS-9108 B LW VAN GELDER
USA 1966
Wenn man knapp 2 Autostunden von Peking entfernt bei Badaling die chinesische Mauer erklimmt (oder sich bequem mit der Seilbahn hochfahren lässt), erreicht man zunächst einen großen Platz von welchem aus man noch ein paar Treppenstufen zu bewältigen hat, bis man auf dem in vielen Teilabschnitten unerwartet schmalen Bauwerk steht. Die Mauer ist keineswegs durchgängig intakt - es gibt immer wieder Lücken. So sagt man, dass bereits um die 30% der Mauer aus der Ming-Dynastie verschwunden sind. Dennoch ist es ein äußerst erstaunliches und geschichtsträchtiges Bauwerk, dessen Fertigstellung ab Baubeginn 220 Jahre v.C.hr. - wegen der wechselnden Dynastien - knapp 2000 Jahre in Anspruch nahm. Mit einer Gesamtlänge von über 21000 km ist sie das längste von Menschenhand geschaffene Bauwerk. Die Australier sehen das völlig anders, denn sie sagen der so genannte "Dingo"-Zaun sei das längste durchgängige Bauwerk, da die chinesische Mauer auch natürliche Barrieren aufweist. Der Streit um des Kaisers Bart. Auch wenn der Vergleich zu sehr hinkt, erinnert mich der Bau der chinesischen Mauer immer wieder an die verschiedenen Theorien (Religion versus Wissenschaft) zur (Er-)Schaffung der Welt. Darius Milhaud hat sich dieses Themas 1922 angenommen und ein Ballett komponiert, dem er den Titel "La Creation du Monde" gab. Die klassische Struktur des Stückes wird immer wieder mit Jazzeinflüssen durchsetzt, was das Ganze sehr spannend und kurzweilig macht. Unter dem Dirigat von Charles Munch hat das Boston Symphony Orchestra das Werk für RCA (für deren "Living Stereo"-Reihe) eingespielt. Diese LP klingt sensationell in allen Facetten; die Ausleuchtung des Aufnahmeraumes, die plastische Abbildung der Instrumentengruppen, die Dynamik und der Schmelz gehen eine perfekte Symbiose ein. LDS 2625 kam in der so genannten Soria-Serie auf den Markt - mit umfangreichem Booklet und einem sehr festen Papp-Schuber. Sie ist im Vergleich zu anderen Top-Titeln aus dem RCA-Katalog noch zu einigermaßen moderaten Preisen zu haben. Für Hifi-Enthusiasten ist diese Platte ein Muss.
Milhaud - La Creation du Monde/Suite Provencale - Charles Munch/BSO
RCA LDS-2625 STEREO, Stamper Matrixes: A1, 1S, I - USA 1962
Ich hatte gerade meine Ausbildung hinter mir und schuftete spätabends auf einem Lager um sämtliche deutschen Zeitschriften und Magazine auf LKW zu laden, die dann Richtung Spanien abfuhren. Es blieb wochentags nicht viel Zeit zur Rekonvaleszenz, weil es morgens bereits wieder Richtung Arbeitsstätte ging. So blieb in der Regel nur das Wochenende für Freizeitaktivitäten, die ich damals mit einer Gruppe Gleichgesinnter gestaltete und welche hautsächlich aus dem Genuss diverser alkoholischer Getränke und dem Lauschen guter Musik bestand und selbstredend auch aus Keller-Parties. Auf besagten Parties war es unumgänglich den weiblichen Anwesenden vorzutäuschen, man sei mit einem gewissen Tanztalent gesegnet. Dieses äußerte sich in spartanischem Kopfnicken und Fussgetrampel, was selbstverständlich damit erklärt wurde, dass man zu "Smoke on the water" unmöglich einen Disco-Fox hinlegen konnte, wie das so viele andere Tanzwütige bei Faschingsveranstaltungen oder ähnlich missglückten Zusammenkünften Feierwilliger zu zelebrieren pflegten. Wir empfanden das als Blasphemie und hatten nur Verachtung dafür übrig.
Natürlich gehörte "Machine Head" zum festen Repertoire und mit jedem Anhören wuchs die Scheibe mehr und mehr, bis ich sie eines Tages satt hatte. Es dauerte eine Weile bis ich die LP wieder auflegte und mittlerweile sind alle Titel in meiner inneren Bibliothek Teil des Grundstocks geworden. jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass es "Highway Star", "Lazy", "Space Truckin" usw. nicht gäbe, weil ich die Songs vermissen würde. "Deep Purple in Rock" war schon ein richtiges "Pfund" und "Fireball" stand dem in nichts nach, aber "Machine Head" ist für mich das Beste Album in diesem Dreierbund.
Ich bin mit einer Tochter gesegnet die nicht nur wunderschön ist, sondern auch einen - für mein Empfinden - erlesenen Musikgeschmack hat. Ich bilde mir immer ein, dass dies an meiner Erziehung lag oder zumindest daran, dass ich sie ständig mit bestimmter Musik fütterte und sie diese offenbar extrem gut fand. Sie mag Aerosmith, Tom Petty, Foreigner und noch andere Granden der Rockhistorie (wobei ihr Geschmack nicht auf Rockmusik begrenzt ist) und wenn wir zusammen genüsslich Musik hören, ist das für mich wie ein einmaliges Geschenk der Natur. Da sie auch noch Fussballfan ist und wir gemeinsam wichtige Spiele anschauen und mitfiebern, kann ich manchmal mein Glück kaum fassen. Mein Sohn ist ebenso gut gelungen, aber mehr in Richtung Rap/Hip Hop unterwegs. Mit ihm zusammen kann ich - sozusagen als Kontrapunkt - solche Künstler wie Kendrick Lamar geniessen.
Wie dem auch sei: ich würde jede Wette eingehen, dass Sie schon einmal "Smoke on the Water" irgendwo gehört haben oder zumindest das einprägsame Gitarrenriff, welches zum Standardrepertoire aller Gitarrenlehrer gehört, wenn die Anfänger mit kleinen Erfolgserlebnissen (es ist im Grunde ein sehr simples Riff) dazu animiert werden sollen, weiterhin Unterricht zu nehmen. Der Song selbst handelt von einem verheerenden Feuer im Casino von Montreux, welches ausbrach als ein Konzertbesucher (Frank Zappa und die Mothers spielten dort gerade) eine Leuchtkugel-Pistole Richtung Rattan-Decke abfeuerte. Das Casino brannte ab und mit ihm die komplette Ausrüstung von Zappa + The Mothers. Deep Purple wollten am nächsten Tag dort "Machine Head" aufnehmen und so kam es, dass dieses Album im mobilen Studio der Rolling Stones zustande kam.
Der Klang dieser LP gehört mit zum Besten in der Sparte Rockmusik. Man hört recht gut, dass alle Instrumente und die Stimme jeweils einen isolierten eigenen "Kanal" hatten. Als das Ganze dann zusammengefügt (gemischt) wurde, hat man nicht versucht, das Klangbild homogener zu gestalten. Das hat einen ganz eigenen Charme und stünde sehr vielen Rockproduktionen sehr gut zu Gesicht bzw. Gehör. Sie mögen jetzt vielleicht einwenden, dass dies sicher mit dem zur Verfügung stehenden Equipment zu tun hatte, welches an eine Ausstattung wie beispielsweise jene der Abbey Road Studios nicht annähernd heranreichte. Ich bleibe dennoch bei meinem Statement und hätte mir gewünscht, dass die Rolling Stones ihr eigenes Equipment selbst mehr genutzt hätten! Ich würde den Sound als trocken und dynamisch zugleich bezeichnen. Von "Machine Head" gab es vor einer Weile einmal eine Audio-DVD und die hatte es in sich - Digital hin oder her, klang diese Scheibe überirdisch. Was Vinyl betrifft muss es nicht die Erstpressung sein, auch spätere englische Pressungen klingen noch gut und sind günstig zu haben
Deep Purple - Machine Head
Purple Records TPSA 7504P
Stamper Matrix: A-1U, B-1-U
England 1972
Manhattan hatte in den Sechziger Jahren etliche Jazz-Clubs und einige davon haben auch Meister Coltrane erlebt. In einem der überlebenden Clubs habe ich (ich glaube es war Mitte der 80er oder Anfang der 90er) Larry Carlton mit seiner kleinen Besetzung erleben dürfen. Das war Jazzrock von einem anderen Stern. Einzig und alleine gestört haben die lieben Amerikaner, die immer und überall etwas essen müssen und so auch beim Carlton-Konzert. An Tischen direkt vor der Bühne wurden Burger und Pizzas kredenzt. Es war fast grotesk: auf der kleinen Bühne flogen die Fetzen und davor kauerten mampfende Einheimische. Ich fand es ein wenig respektlos den Künstlern gegenüber, aber ich kann durchaus mit meiner Meinung alleine dastehen. Wie dem auch sei: die mir gehörende Pressung der "A Love Supreme" stammt aus dem Jahr 1968 und kam als Stereo-Aufnahme im Mono-Cover. Die Plattenfirma hat (vermutlich um das Geld für ein anderes Cover zu sparen) kurzerhand einen kleinen Sticker mit der Aufschrift "Stereo" angebracht - siehe Bild. Es handelt sich um ein Re-Issue und ist streng genommen die dritte Auflage dieses Titels, die Erstpressung erschien 1965 und die Impulse-Originale aus dieser Zeit sind extrem teuer geworden. Klanglich macht man jedoch auch mit der vorliegenden Pressung keinen Fehler. Im Gegenteil: Die LP klingt fantastisch, Coltrane's Saxophon ist ein Genuss und erstrahlt in allen Facetten. Die Musik ist auch etwas für Leute, die normalerweise dem Jazz aus dem Weg gehen. Allerdings nicht wie es so oft von der "Kind of Blue" von Miles Davis gesagt wird sie sei massenkompatibel (ich mag die Platte dennoch); "A Love Supreme" hat einfach mehr "Schmackes" ohne dabei zu nerven. Die LP wurde Coltrane's meistverkaufte und verhalf ihm zum endgültigen Durchbruch. Wie an anderer Stelle schon zitiert, driftete er sukzessive in andere Gefilde ab (manche nennen es Avantgardismus) und die Heerschar an Fans dezimierte sich relativ rasch. Ich würde "A Love Supreme" fast in einem Atemzug mit Sonny Rollins' "Saxophone Colossus" nennen, auch wenn der Vergleich ein wenig hinken mag. Auf jeden Fall gehört die LP in jede ernsthafte Sammlung, auch und insbesondere wegen der Klanggüte.
John Coltrane - A Love Supreme
Impulse AS-77
Stamper Matrix: STEREO AS-77∙A∙ - AS-77∙B∙ VAN GELDER STEREO
USA 1968
Wie bei vielen anderen Musikbegeisterten lief mir Hendrix zum ersten Mal mit "Hey Joe" über den Weg und dies etliche Jahre nach der Veröffentlichung dieses Songs auf der US-Ausgabe des Debut-Albums (nur die US-Reprise Pressung auf dem Tri-Color Steamboat Label enthielt "Hey Joe", "Purple Haze" und "The wind cries Mary" - auf der englischen Erstpressung auf dem Track-Label fehlen diese Songs, an deren Stelle traten "Red House", Can you see me?" und "Remember") "Hey Joe" hatte sehr lange "Airplay" und als ich in das Alter kam, um das Ganze auch entsprechend zu würdigen, habe ich sozusagen Hendrix Nachhilfestunden genommen und mir sukzessive so gut wie alle Alben zugelegt. Ich finde bei Weitem nicht alles top, was er jemals einspielte. Unbestritten bleibt jedoch, dass er zu den größten Gitarristen aller Zeiten gehört(e). ich habe ihm sogar sein "Star spangled banner" verziehen, welches er auf dem Woodstock-Festival von sich gab. "Blues" erschien zuerst 1994 bei MCA unter der Nummer MCAD-11060, allerdings nur als CD. Es folgten etliche Veröffentlichungen auf CD und sogar Kassette, bis Classic Records 2002 ein Erbarmen hatte und das Werk auf Vinyl pressen ließ. Digitales Master hin oder her: besser klang Hendrix nie! Kürzlich erschien die UHQR-Pressung der "Are you experienced" mit viel Werbegetrommel und Lorbeeren als sündhaft teure Ausgabe im dicken Schuber mit Booklet und ich habe sie gekauft. Im Vergleich zu meiner Reprise US-Erstpressung bietet sie aber nicht viel Mehrwert. Der Klang blieb ein bisschen blechern und stellenweise anämisch, was nicht heissen soll, dass die LP insgesamt schlechten Klang zu bieten hätte. Aber für diesen Preis und dem Getöse um den Umschnitt hätte ich mehr erwartet. Großer Aufwand (so der "Waschzettel") scheint wohl auch große Preise nach sich zu ziehen. Ich frage mich nur, warum man bei all der Mühe, die man sich angeblich gab, nicht gemerkt hat, dass auf Seite 2 die Kanäle vertauscht wurden! Das ist - gelinde gesagt - oberpeinlich. Schon "Electric Ladyland" auf dem UK-Track-Label bietet auf etlichen Stücken wesentlich besseren Klang. Den Vogel schiesst jedoch das Doppelalbum "Blues" ab. Wenn Sie irgendwo noch eines ergattern können, zögern Sie nicht - es lohnt sich sehr.
Jimi Hendrix - Blues
Classic Records RTH 2006
Stamper Matrix: RTH-2006-A, RTH-2006-B
USA 2002
Der junge Joe Jackson erinnerte bei seinem Debut "Look Sharp" im Jahr 1979 ein wenig an Elvis Costello's "This years Model" aus dem Jahr 1978. Musikalisch war es irgendwo zwischen Pop, Rock und einer Prise New Wave und Reggae angesiedelt. Von Album zu Album änderte er seinen Stil und mit den Alben "Jumpin Jive" und "Night and Day" schien er vermeintlich angekommen zu sein. 1984 jedoch zog er nach New York und dort entstand "Body and Soul" mit Reminiszenzen an vergangene Erfolge. Die Platte steckt voller Überraschungen, bietet satte Bläsersätze, eine Portion lateinamerikanische Rhythmen, Balladen und schönen Beat. Das Ganze wurde so aufgenommen, dass der Hörer den Eindruck hat, Jackson und seine Band spielen in einer kleinen Halle. Das hat etwas von Live-Feeling. Alle Instrumente sind sauber voneinander getrennt und erklingen doch wie aus einem Guss. Aufnahmetechnisch ist das ein unterschätztes Kleinod, selbst wenn man über die Musik geteilter Meinung sein kann. Die deutsche Pressung gilt als Re-Issue, weil sie erst 3 Jahre nach der Erstveröffentlichung in den USA hierzulande in die Läden kam. Trotzdem klingt sie sehr gut und ist ist spottbillig zu haben.
Joe Jackson - Body and Soul
A+M (SP 5000) 395000-1
Stamper Matrix: 395 000-1 S 1 320, 395 000-1 S 2 320
Deutschland 1987
Sonny Rollins, Thelonius Monk, Gary Burton, Maynard Ferguson und Oscar Peterson waren alle Weggefährten von Clark Terry bis zu dessen Album "Tread Ye Lightly" - der Mann hatte also schon reichlich Lorbeeren geerntet und wenn es heisst, dass sogar ein Miles Davis sich an diesem sanften Trompetenspiel orientierte, ist alles zur Klasse von Clark Terry gesagt. Das Original von 1964 klingt sensationell! Terry's Trompete steht wie festgenagelt im Raum, die Begleitinstrumente kommen klar und natürlich. Die Klanggüte dieser Einspielung ist schlicht zum Niederkien. Und wie der Titel schon verrät, handelt es sich bei den Stücken um gemäßigten Jazz. "Georgia on my mind" setzt den Standard und die Pace für das andere Material mit dem jede(r) Hörer/-in klarkommen dürfte. Wenn Sie irgendwo ein Exemplar ergattern können, schlagen sie zu. Die LP dürfte nicht allzu teuer sein.
Clark Terry - Tread Ye Lightly
Cameo SC-1071
Stamper Matrix: A 2 / B 1
USA 1964
Das Original dieser Einspielung erschien 1971 auf Columbia Records - wann Klavier (Tochterfirma von EMI) sich für dieses Re-Issue entschied ist mir nicht bekannt. Gemastert wurde vom begnadeten Doug Sax und diese LP ist ein absoluter Hammer. Ich kann mich noch an einen Werbespruch von damals erinnern: "Schnall Deine Mutter am Sessel fest und dreh die Lautstärke auf..." - selten passte ein Werbespruch so dermaßen wie hier. Die Aufnahme hat eine gnadenlose Wucht, die Plattenfirma schreibt, dass dies durch ein Single-Step-Process-Verfahren möglich wurde. Benutzt wurde der Master-Stamper und und jede Matritze wurde auf 1000 Kopien begrenzt. Ich kann nicht sagen wie viele LP's insgesamt gepresst wurden, ich denke aber es waren um die 5000 Stück (limitierte Ausgabe). Massenet's Oper "Le Cid" gehört eher zu den weniger bekannten Werken dieses Genres und auf der LP geht es um die Ballettsuiten des Stückes. Le Cid wurde als spanischer Held des Maurenkrieges gefeiert und so hört man allerlei iberische Melodien, die von Massenet jedoch deftig "gewürzt" wurden. Die Dynamik ist stellenweise brachial, die Transparenz der Aufnahme exemplarisch. Ich glaube, dass Speakers Corner irgendwann ein weiteres Re-Issue auflegte. Das kenne ich nicht, könnte aber als Zwischenlösung herhalten, falls die Suche nach der Klavier-Veröffentlichung lange dauert - gessetzt den Fall, dass dies überhaupt von Interesse ist. Und das sollte es. Unbedingt.
Massenet - Le Cid/Scenes Pittoreques/The last sleep of the Virgin - Louis Fremaux/CBSO
Klavier KS-522
Stamper Matrix: KS-522-A-6 / KS-522-B-6
USA
Das ist nicht nur für mich die Referenzaufnahme des Nussknackers. Ohne wenn und aber. Der Aufnahmeingenieur war Roy Wallace und dieser Mann hatte ein goldenes Händchen. Ansermet selbst verdiente sich erste Meriten mit Einspielungen diverser Stravinsky-Werke (die Beiden kannten sich) und legte dann eine Serie von Ballet-Einspielungen Tchaikovsky's bei der DECCA hin, die ihresgleichen sucht. Eine davon war der Nussknacker. SXL 2092-3 bietet eine Top-Klangqualität; die Ausgewogenheit punktet hier besonders und es gibt etliche Highlights, die ein Durchhören kurzweilig machen. Die Decca-Erstpressung ist oft nur teuer zu finden, weshalb es sich lohnt, nach der US-Ausgabe auf dem London-Label Ausschau zu halten (CSA 2203), weil diese LP's aus der gleichen Fabrik/Fertigung stammen wie die SXL's, jedoch erheblich günstiger zu finden sind. Es muss auch nicht die "Wide Silver Band" sein, die "Narrow Band" (2.Pressung) tut es auch - mit nur unwesentlichen Einschränkungen beim Klang, der minimal weniger druckvoll ist, aber sich in puncto Klangbühne und Transparenz auf dem gleichen Niveau bewegt.
Tchaikovsky - The Nutcracker
Ernest Ansermet/OSR
Decca SXL 2092-3, Wide Silver Band grooved
Stamper Matrix: ZAL-4221-1E, ZAL-4222-1E, ZAL-4223-1E, ZAL-4224-!E
England 1959
Vor einigen Jahren erlag ich der Verlockung, zusammen mit meiner Frau eine Karibik-Kreuzfahrt zu buchen. Startpunkt war die Dominikanische Republik und von dort ging es nach Jamaica, Honduras, Panama, Mexiko und Kolumbien. Da diese Riesendampfer meist nur für einen Tag anlegen, muss man seine Landgänge gut planen, um wenigstens ein bisschen von der jeweiligen Gegend erkunden zu können. Die Reise war insgesamt nicht ganz so uninteressant wie ich es erwartet habe. Cartagena in Kolumbien beispielsweise hat sich seit meinem letzten Besuch in den Achtzigern zum - meiner Meinung nach - Positiven verändert. Auch der Panama-Kanal und dessen Historie sind eines Besuches wert. Auf Jamaica liefen wir Montego Bay an. Kaum von Bord, fassten wir spontan den Entschluss, uns ein wenig herumfahren zu lassen - sehr zur Freude eines der gut Dutzend auf Kundschaft wartenden Chauffeure. An Bord lernten wir ein anderes Paar aus Deutschland kennen, die sich unseren Ausflugsplänen anschlossen. Unser Fahrer brachte uns zunächst an einen Platz im Grünen, wo sich ein stufenförmiger Wasserfall inmitten üppiger Vegetation befand. Schon am "Kassenhäuschen" fiel uns auf, dass der Bedienstete den Eindruck machte, ein wenig geistig abwesend zu sein. Natürlich rochen wir den Grund und latschten amüsiert Richtung Wasserfall. Die Damen begaben sich zwecks Fotosession zur untersten Stufe des Geplätschers, während wir Männer eine Bretterbude entdeckten, die versprach, diverse Getränke feil zu bieten. Eine junge Dame klärte uns auf, dass es an diesem Tag nur das lokale Bier gibt und wir orderten 2 Flaschen. Sie nannte einen Preis von 3 US-Dollar pro Flasche und wir zahlten bereitwillig. Da wir durstig waren, baten wir um Nachschub. Dieser war dann erstaunlicherweise einen Dollar pro Flasche günstiger. Die Dame ließ uns auch wissen, dass wir einen weiteren Dollar sparen könnten, wenn wir jeweils eine dritte Flasche ordern würden. Ich dachte insgeheim, dass wir irgendwann kostenlos Bier trinken könnten, wenn das so weitergehen würde. Stattdessen verließen wir diesen schönen Ort und begaben uns zum Auto. Die Fahrt wurde sehr interessant, da quasi an jeder Ecke Einheimische standen, die frisches Marihuana anboten. Schon an der "Bierbude" fragte ich meine Begleitung welchem Beruf er nachgeht und er sagte unvermittelt, dass er Kommissar im Drogendezernat einer Stadt in Hessen sei. Dafür war er unerwartet entspannt auf unserer Tour. Wer schon einmal Jamaika besuchte weiß, dass man immer und überall mit Reggae berieselt wird. Und das vornehmlich mit der Reggae-Institution Bob Marley. Neben "No woman, no cry" und "Buffalo Soldier" war es Eric Clapton's Coverversion des Marley-Songs "I shot the Sheriff" der den Künstler endgültig weltweit bekannt machte. "Natty Dread" verkaufte sich trotz "No woman, no cry" merkwürdigerweise relativ schlecht, aber das Album hat Einiges zu bieten und dies insbesondere klanglich. Alles tönt organisch, der Bass pumpt ordentlich und die Stimme Marleys ist perfekt konserviert. Das ist eine wirklich sehr gute Produktion.
Bob Marley and the Wailers - Natty Dread
Island ILPS 9281
Stamper Matrix: ILPS 9281A, ILPS 9281B
England 1974
Das gros der Aufnahmen auf diesem Doppelalbum stammt aus dem Roxy in Hollywood, der Rest wurde in Chicago und Edinboro aufgenommen. Bass, Trompete und Posaune spielen die drei Fowler Brothers, Ruth Underwood die Percussion (grandios wie sie das Xylophon an dessen Grenzen bringt), George Duke die Keyboards und Chester Thompson, sowie Ralph Humphrey die Drums. Der Meister selbst spielt wie gewohnt die Lead- und Jeff Simmons die Rhythmus-Gitarre. Dabei sind auch noch Don Preston (Synthesizer) und Napoleon M. Brock (Tenor Saxofon und Flöte). Die „Mothers“ waren keine kleine Truppe und trotzdem wahnsinnig homogen. Die absurden Breaks in den Stücken sitzen wie ein Maßanzug und selbst im größten Chaos findet man eine gewisse Ordnung. Ja, Zappa’s Musik ist nicht jedermanns Sache, jedoch muss man den Musikern für deren Leistung großen Respekt zollen. Es gibt ein paar „zahme“ Zappa-Scheiben, wobei ich die „Zoot Allures“ von 1976 als die eingängigste davon bezeichnen würde. Die erschien als einzige Zappa-LP auf dem Warner-Label (BS 2970) mit einem großartigen Terry Bozzio an den Drums und klingt auch recht anständig.
Roxy and Elsewhere ist ein tolles Live-Album im besten Sinne des Wortes. Alles klingt frisch und direkt, teilweise fast intim wie in einem kleinen verrauchten Club. Die Dynamik ist exzellent und trifft den Zuhörer überfallartig. Das hat alles einen solch starken Drive, dass man fast schon das Gefühl hat, jedes Instrument will jedes andere quasi "überholen", obwohl jederzeit Gleichberechtigung herrscht, was auch auf den Großmeister selbst zutrifft. Schon beim Anhören von „Penguin in Bondage“ auf Seite 1 weiß man wohin die Reise geht. Ich habe bereits über „Wild Love“ von der Sheik Yerbouti geschrieben, dass Jede(n) der Hifi-Bazillus in diesem Leben nicht mehr befällt, wenn der Klang ihn oder sie nicht aus dem Sessel reißt. Das gilt – mit ganz kleinen Einschränkungen - auch für „Roxy and Elsewhere“. Die deutsche Pressung ist grandios, das US-Original lag mir zum Vergleich nicht vor, aber wenn da noch mehr gehen sollte, wäre es fast nicht auszuhalten. Trauen Sie sich!
Zappa / Mothers – Roxy and Elsewhere
Discreet DIS 89200
Stamper Matrix: 31797-1C, 31798-1B, 31799-1B, 31800-1B
Deutschland 1974
Vor einigen Jahren verbrachte ich zusammen mit meiner Familie Weihnachten und Neujahr in einem luxuriösen Hotel in Abu Dhabi. Im Dezember kann man es dort gut aushalten, weil die Tagestemperatur nicht über 24-25 Grad Celsius steigt. Abu Dhabi selbst ist meiner Ansicht nach interessanter als Dubai, angefangen vom Altstadtviertel bis zur eindrucksvollen Scheich-Zayid-Moschee. Als in Dubai wieder einmal die Gigantomanie die Vernunft übermannte, wurde der Bau des Burj Khalifa gestartet; das heute mit 828 Metern höchste Bauwerk der Welt. Nach etwas mehr als 2/3 der Bauzeit konnte (oder wollte) die königliche Familie in Dubai angesichts der Finanzkrise die insgesamt 1,5 Milliarden Euro Baukosten nicht mehr alleine stemmen und der Scheich Chalifa bin Zayid Al Nahyan aus Abu Dhabi half mit einer Finanzspritze aus. Dem vermutlich ausgeprägten Narzissmus geschuldet, hatte der Chalifa jedoch eine Bedingung: das bis zur Beendigung der Bauzeit "Dubai Tower" benannte Gebäude musste zur Eröffnung in "Burj Khalifa" umgetauft werden.....
Am Silvesterabend hatten wir im Hotel eine opulente Feier und die Odyssee, die wir früh morgens "vernebelt" antraten, um unser Zimmer zu finden, fällt in der Familie noch heute unter den gnädigen Mantel des Schweigens. Als Lehre nahmen wir mit, dass diverse Aufzüge, die nur in bestimmten Stockwerken stoppen, ein schier unüberwindbares Hindernis darstellen, wenn das Gehirn durch übermäßigen Genuss an "Flüssignahrung" seine eigentliche Leistungsfähigkeit weitestgehend verweigert. Der Saal war äußerst geschmackvoll und opulent geschmückt. Als seien die optischen Eindrücke noch nicht genug an Glückseligkeit gewesen, spielte eine wirklich sehr gute Big Band mit großartigen Sängern auf. Natürlich waren neben einigen Big Band-Klassikern die allseits bekannten Stücke der großen amerikanischen "Crooner" - allen voran Sinatra - das Herzstück des Programms. Es war ein unvergesslicher Abend......
Von den gut zwei Dutzend Sinatra-LP's, die ich besitze, würde ich nur wenige als klanglich überdurchschnittlich bezeichnen. Bis auf einige Stereo-Aufnahmen besteht meine Sammlung aus Mono-LP's auf dem Capitol "Rainbow-Label". Ich habe mal irgendwo gelesen , dass jemand die "Sinatra at the Sands" als klanglich herausragend empfindet. Da stand aber nichts zur Pressung. Ich habe die US-Erstpressung und die ist allenthalben klanglicher Durchschnitt. Der Orchesterapparat klingt mir zu anämisch, das Panorama ist in der Breite akustisch beschnitten und die Stimme Sinatra's auf den meisten Stücken "zu weit weg". Wie gesagt: das alles auf meiner US-Erstpressung und vielleicht finde ich ja irgendwann eine andere Ausgabe die besser klingt. Nun gab es neben Sinatra noch andere Künstler in diesem Metier, die aber kommerziell nicht annähernd mit "Frankie" mithalten konnten, was - so behaupten es böse Zungen und auch eine Sequenz im Film "Der Pate" (Teil 1) - nicht zuletzt an der Unterstützung der Mafia lag. Bobby Darin war einer jener Sänger im Schatten Sinatra's. Anders als die mit dem leicht rauen Timbre Frankies, war Darin's Stimme "reiner" und weniger voluminös, jedoch war er ein Meister darin, zu pronocieren - die Verständlichkeit der Texte war eine seiner Stärken und er besaß den gewissen "Groove". "That's all" ist eine Mono-Scheibe auf der besonders die Stimme exzellent eingefangen wurde. Mit "Mack the Knife" und "Under the Sea" gibt es zwei veritable "Gassenhauer", welche Darin souverän vorträgt. Die Scheibe macht enormen Spass, wenn man etwas für Big Band Swing und balladeske Stücke übrig hat. Darin war vielseitiger als Sinatra, spielte später auch Folksongs ein (If I were a carpenter) und gefällt mir persönlich besser als beispielsweise Tony Bennett, Mel Tormè oder Andy Williams, um nur ein paar zu nennen. Die LP wurde von Decca in England gefertigt, die US-Pressung erschien auf dem ATCO-Label, es gab die LP also nicht auf dem DECCA-Label, auch nicht in England, was eine Ausnahme darstellt. Das "London"-Label wurde nämlich in den USA nur deshalb ins Leben gerufen, weil es auf dem dortigen Markt bereits anderweitige Rechte am Namen DECCA gab. Ergo sind alle London-Veröffentlichungen im Grunde Decca-LP's, welche aus den gleichen Presswerken stammen - insbesondere im Klassikbereich. Der Vorteil: die London's sind - bei gleicher Qualität - in der Regel erheblich günstiger zu finden, als die Decca's.
Bobby Darin - That's All
London HA-E.2172 MONO
Stamper Matrix: AML 1272,
AML 1273
England 1959